Woran merkt man, dass sich das Sommerloch in den Medien ausbreitet? Unter anderem daran, dass sich belanglose Artikel über Ernährungsthemen häufen und dabei länger und länger werden. In diesem Jahr geht die WELT AM SONNTAG voran – am vergangenen Wochenende mit einer schier endlos langen Geschichte unter derm gequälten Titel „Querelen am Esstisch“ *
Auf die schwerverdauliche Headline folgen vier Seiten über die totlangweilige Hypothese, dass die Diskussion ums Essen inzwischen Familie und Freunde im ganzen Land spaltet. Gähn – vier Riesenzeitungseiten voll von nichts Neuem. Das grenzt schon an große Kunst, die beim Kenner der Materie allenfalls Langeweile provoziert. Ein bekannter deutscher Ernährungspsychologe darf bedeutungsvoll, aber inhaltsarm sagen: „Essen ist immer auch egozentrische Inszenierung.“ Was heißt denn hier „immer“? Wenn der Professor mit „immer“ hier wirklich „immer“ meint, dann ist das hoffentlich nur ein schlimmer, schlimmer Versprecher! Sonst wäre es so falsch, wie es falsch wäre, zu schreiben, dass Ernährungspsychologen meistens immer nur Blödsinn verbreiten.
Schließlich gibt Anette Dowideit, die Autorin des Artikels, keine Seite später die Ergebnisse einer Umfrage zum Besten, die das „immer“ des Professors erheblich schrumpfen lässt: Die gemeinsamen Studie des Allensbach Instituts und des Nestlé Konzerns vom Mai dieses Jahres ermittelt, dass 66 % der Deutschen aus der einkommensschwächeren Schicht der Meinung sind, es werde „zu viel Wirbel“ ums Essen gemacht. Denen geht der Aspekt der „egozentrischen Inszenierung“ vermutlich komplett am Allerwertesten vorbei. So lehrt uns dieses Artikelloch in seiner Untiefe zumindest, dass man mit Verallgemeinerungen und Zuweisungen rund um Ernährung und Essen vorsichtig sein muss – was nicht immer die Stärke der Ernährungspsychologen ist. Ein bisschen mehr Genauigkeit im Denken und in der Sprache würde da helfen – und zwar immer.
*Leider gibt es hier keinen Link für Interessierte – die Geschichte ist online bei der WamS nicht zu finden. Vielleicht hat man sie nicht eingestellt, weil sie eh eigentlich überflüssig ist.