Ein bisschen krank ist das schon: In der Auseinandersetzung zwischen den ‚Ernährungslagern‘ scheint es manchmal um einen regelrechten Krieg zu gehen. Dass Essen als Befriedigung eines Grundbedürfnisse Freude machen sollte, geht dabei immer öfter ganz verloren. Jüngster Akt im Krieg der Carnivoren gegen die Herbivoren: Die Fleischfresser gehen in die Offensive. Eine Studie der Universität Graz kommt zu dem Ergebnis, Fleischesser seien seltener krank als Vegetarier. Die Fleischtruppen – allen voran der “Echte Esser” Uwe Knop, Deutschlands hartnäckigster Ernährungsstudien-Leugner – sind begeistert. Terminator Knop, der ansonsten nie auch nur ein gutes Haar an irgendeiner Studie lässt, überschlägt sich in seiner Pressemeldung zur Studie vor Schadenfreude: „Im Hinblick auf die aktuellen Erkenntnisse wirken die unhaltbaren Gesundheitsversprechen von Vegetarierlobbyisten noch weitaus fragwürdiger“, erklärt er – und erhebt die Ergebnisse der Studie damit gleichsam in den Stand gesicherter Erkenntnis.
Dabei ist die Studie kaum mehr wert als eine Meinungsumfrage, wie Sandra Wallner Liebmann von der MedUni Graz in einem Interview unter dem Titel “Die Daten sind mnit Vorsicht zu genießen”, das die Grazer„Kleine Zeitung“ mit ihr führte, freimütig bekennt. Hier ein Auszug:
WALLNER-LIEBMANN: Die Daten sind nur eine Selbsteinschätzung der Befragten: Sie haben sich Ernährungsgruppen zugeordnet, was mit Vorsicht zu genießen ist. Es gibt kein Ernährungsprotokoll und keine Nährstoffuntersuchungen – wir wissen nicht, wie sich die Befragten wirklich ernähren.
Kleine Zeitung: Den Schluss zu ziehen, die vegetarische Ernährung macht krank, wäre also falsch?
WALLNER-LIEBMANN: Ja, das wäre falsch. Denn wir wissen ja nicht, wie lange die Befragten sich schon vegetarisch ernähren und ob die Ernährungsumstellung nicht erst die Folge einer Erkrankung, zum Beispiel einer Allergie, war.
Darüber hinaus macht eine Zahl stutzig, die Knop in seiner Meldung anführt, ohne darüber zu stolpern: „Der BMI lag in allen Gruppen im Normalbereich (22,9 -24,9).“ Wie bitte? Zum einen hat Herr Knop den Artikel der Grazer nicht richtig gelesen bzw. schludrig übersetzt. Tatsächlich reichte die Spannbreite des durchschnittlichen BMI in den vier Untersuchungsgruppen von 22,9 bei den Vegetariern bis 24,9 bei den starken Fleischessern. Das ist etwas anderes. Das lässt aber trotzdem vermuten, dass die Auswahl der Probanden zumindest bezüglich ihres Körpergewichtes nicht repräsentativ war und die übergewichtigen Österreicher – ca. die 50% der Bevölkerung – mit BMI über 25 nicht repräsentativ vertreten waren (genaue Zahlen gehen aus dem PlosOne Artikel nicht hervor). Wenn die Untersuchung tatsächlich überdurchschnittlich viele Normalgewichtige einbezogen hat, wäre dies natürlich eine gewaltige Verzerrung.
So ließe sich resümieren: Die bezeichnete Studie ist eine Farce mit Ergebnissen, die weitgehend wertlos sind. Das hindert Studien-Terminator Knop und andere Vegetarier-Hasser nicht daran, auf Basis dieser Pseudo-Ergebnisse die Anti-Vegetarier-Keule umso kräftiger zu schwingen. Die sollte er besser wieder einpacken – und stattdessen lieber wieder Beobachtungsstudien terminieren – das aber bitte korrekt!
Besten Dank, Herr Dr. Mühleib, da werde ich beim BMI-Satz doch flux das “durchschnittlich” ergänzen, sodass keiner auf dumme Gedanken kommt, es handele sich um etwas anderes als den Durchschnitt … und zum BMI-Spektrum an sich (“Wenn die Untersuchung tatsächlich überdurchschnittlich viele Normalgewichtige einbezogen hat, wäre dies natürlich eine gewaltige Verzerrung”): Hier wurden je 3×330 Personen “gematcht” anhand den “vorhandenen Vegetariern” … von Representativität kann da natürlich kein Rede mehr sein, aber dadurch sind die 4×330 Gruppen gut vergleichbar, da sie viele vergleichbare Merkmale besitzen …
Die wichtigste Erkenntnis aber ist: Auch diese Studie krankt wie ALLE Ernährungsstudien am fehlenden Ursache-Wirkungs-Beleg … und jeder, der sich nun über die Grazer Studie aufregt (vor allem Veggies), sollte das bitte auch künftig bei allen “Die-und-jenes-essen-schütz-vor-Krankheit XY” tun.
Vielen Dank, Uwe Knop – ich empfinde diesen Kommentar als sehr positiv – sozusagen als “Abrüstungszeichen” im Krieg der Ernährungswelten. In Ihrer Pressemitteilung schreiben Sie: “Im Hinblick auf die aktuellen Erkenntnisse wirken die unhaltbaren Gesundheitsversprechen von Vegetarierlobbyisten noch weitaus fragwürdiger“ würden Sie diese Aussage angesichts Ihrer Stellungnahme ebenfalls modifizieren?
Die “weitaus fragwürdiger”-Aussage bezieht sich gemäß meiner PM auf die Aussage des VEBU:
“Vegetarische Kostformen haben das Potenzial, die meisten dieser Zivilisationskrankheiten zu verhindern. Darüber hinaus können sie erfolgreich bei deren Behandlung eingesetzt werden.“
.. und da gibt es nicht zu modifizieren, denn ich zitiere weiter aus der PM einige Gründe, auf denen diese Aussage basiert:
“Dazu hatte bereits 2013 die Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM), Professorin Gabriele Meyer, klar gestellt: „Es handelt sich hier um die gleichen Mythen und Märchen wie bei allen Ernährungsversprechen zur Gesundheit.“ Auch für Professor Ulrich Voderholzer, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Schön Klinik Roseneck und Experte für Essstörungen sind die VEBU-Gesundheitsversprechungen zu vegetarischer Kost „wissenschaftlich nicht belegt und aus gegenwärtiger ökotrophologischer Sicht nicht dem Stand der Wissenschaft und Empfehlungen entsprechend. Es handelt es sich mehr um eine ideologische Aussage, die falsche Versprechen suggeriert.“ [4] Konkret zum Thema Krebsschutz durch Obst und Gemüse konstatierte jüngst Prof. Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ: „Keinerlei Beziehung, nullkommanull.“ [5]”
Die Grazer sagen ja nicht “Vegetarismus macht krank” – und ich sage das natürlich auch nicht. Aber allein die nackt-nüchternen Ergebnisse konterkarieren die ohnehin unhaltbare Vegetarierpropaganda zu genüge … daher sind & bleiben deren Heilsversprechen noch weitaus fragwürdiger.
Ist das nicht mit allem so? Low Carb-Anhänger vs. Low-Fat-Vertreter zum Beispiel?
Essen hat etwas mit Genuss zu tun und so sollte jeder nach seiner Facon selig werden.
Wenn es so weit ausartet, dass keiner sich mehr traut zu sagen, dass ihn ein Steak glücklich macht, wo sind wir da hingekommen? Ich habe auch schon erlebt, dass ich regelrecht missioniert werden sollte um in die Low Carb-Richtung zu beraten. Ich berate individuell, und wenn da für jemanden ein Stück Fleisch dazu gehört… Es muss schmecken, egal was (vermeintliche) Studien sagen. Eine “Diät” im wahrsten Sinne des Wortes funktioniert nämlich nicht, wenn der entsprechende Mensch nicht dahinter steht.
Das sehe ich ähnlich – schließlich bin ich selbst (moderater) Fleischesser und esse nach der Devise: Fleisch – die Hälfte reicht. Meine Kritik richtet sich an beide Seiten – hier stehen zwar die Fleischesser im Fokus, aber Vegetarier und vor allem Veganer übertreiben es gelegentlich auch schon mal arg mit ätzender Kritk an ‘Carnivoren’