Sie erinnern sich an Christiane zu Salm, die erfolgreiche Medienmanagerin mit der Turbokarriere bei MTV, die 2008 in den Burda-Vorstand wechselte, dort den Cross Media Bereich leitete – und dann plötzlich und ohne viel Aufhebens von der Bildfläche verschwand? Lange her – so lange schon, dass ich nicht mehr erinnere, wann und was das Letzte war, was man über sie gelesen hat. Gestern dann begegnet mir die einstige Karrierefrau nachdenklich blickend auf einem großen Foto in der WamS, wo sie über ihr neues Leben spricht.
Zu Salm hat nach ihrem Ausstieg eine Ausbildung als Sterbebegleiterin gemacht und nun ein Buch über ihre Begegnungen mit Sterbenden geschrieben. Das Gespräch in der WamS ist ein eindrucksvolles, ausgesprochen lesenswertes Dokument darüber, dass es auch für fähige und begabte Menschen ein Leben außerhalb des Big Business geben kann – und dass unsere Gesellschaft eine „bessere, würdigere Betreuung“ der Menschen an ihrem Lebensende braucht. Wichtig findet zu Salm vor allem, junge Menschen an das Thema heranzuführen:
„Ich würde gerne mal mit einer Gruppe von jungen Menschen eine Zeit lang im Altersheim wohnen. Dort gibt es so viele Missstände, die man ohne großen Aufwand abstellen könnte. Zum Beispiel das Essen. So oft erlebe ich, dass den Menschen in den Pflegeheimen jedes Mal schlecht wird, wenn das Essen kommt. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Currywürste ich von Straßenständen schon in so genannte Seniorenresidenzen in Berlin geholt habe. Die haben wenigstens geschmeckt. Warum muss das sein? Auch die Gerüche dort sind oft eine Katastrophe. Könnte man alles leicht abstellen.“
Wie schlecht muss das Essen sein, wenn schon die Currywurst als Delikatesse empfunden ist? Wie viel Wertschätzung kann eine Betreuung bieten, die den alten Menschen nicht einmal mehr ein gutes Essen gewährt? Dass man sie mit unwürdigem Fraß abspeist, ist nur einer unter vielen kritischen Aspekt, die zu Salm kritisiert. Zum Kern der Sache kommt sie, wenn sie ihre Gespräche mit den Sterbenden reflektiert:
Zu Salm: Ich habe gelernt, dass keiner weiß, wie es wirklich geht – das perfekte, das gute, das richtige Leben. Ich weiß es auch nicht.
WamS: Ist das nicht deprimierend?
Zu Salm: Nein, ganz im Gegenteil. Es hat mich sehr beruhigt und entlastet. Das Leben ist so, wie es ist – und so ist es gut.