Mit Vorsicht zu genießen: Neue Empfehlungen der Aachener Gesellschaft für Ernähgrungsmedizin und Diätetik zur Ernährung bei Krebs.
Die Aachener Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik – Sprachrohr des Bundesverdienstkreuzträgers und Ernährungsexperten Sven David Müller-Nothmann – berichtet über Erkenntnisse des Darmstädter Tumorwissenschaftlers Dr. Johannes Coy, wonach es zumindest bei bestimmten Krebsformen die Möglichkeit gibt, „die Erkrankung durch eine angepasste Ernährungsweise zu beeinflussen.“ Grundlage der Ausführungen ist die Tatsache, dass Krebszellen ihre Energie aus der Vergärung von Glukose zu Laktat gewinnen. Krebszellen verbrauchen demnach weit überdurchschnittlich große Mengen Glukose, die nach den Ausführungen Coys mit Hilfe des neu entdeckten Enzyms Transketolase-like-1 (TKTL1) verstoffwechselt werden. Dr. Coy schwebt dabei offensichtlich ein neues, zweistufiges Therapiekonzept vor, dass die Krebszelle aushungern soll:
- Blockierung des TKTL1-Enzyms
- Entzug des Substrats in Form einer glukosearmen bzw. kohlenhydratarmen sowie protein- und ölreichen Kost.
In der Meldung erfährt der Leser schließlich auch, dass inzwischen verschiedene Unternehmen Lebensmittel anbieten, „die bei bestimmten Krebsformen eine spezielle Ernährungsweise gewährleisten.“
Im Grunde ist die Idee, den Krebs so zu bekämpfen, gar nicht dumm. Wieweit dies tatsächlich funktioniert, muss von Coy und Co. erst noch bewiesen werden. Gefährlich ist dagegen der Versuch der Nothmann -Truppe, den neuen Ansatz direkt mit
kommerziellen Interessen zu verbinden. Herrn Müller-Nothmann und seiner Gesellschaft wird von ihren Gegnern immer wieder vorgeworfen, weniger im Dienste der Wissenschaft als in dem verschiedenster Sponsoren zu stehen. Im vorliegenden Beispiel wird dem nicht-fachkundigen Leser durch geschickte Formulierung suggeriert: Endlich gibt es sie, die Krebsdiät! Und wenige Zeilen später kann er zwischen den Zeilen herauslesen: Wende dich getrost an uns. Wir verraten Dir, wo du die entsprechenden Produkte kaufen kannst. Das hat nichts mehr mit Information und Aufklärung zu tun. Das ist Suggestion, die ziemlich offensichtlichen Zielen dient.
Schließlich lässt der Artikel auch aus fachlicher Sicht jede Menge Fragen offen: Als wenn es so einfach wäre, die Krebszelle durch kohlenhydratarme Kost einfach auszuhungern! Kohlenhydrafreie Kost ist allenfalls durch Formula-Diäten möglich. Und auch bei protein- und fettreicher Kost vermag der Körper über die Glukoneogenese noch die Menge an Glukose zu bilden, die er braucht. Was ist mit den negativen Folgen einer ausschließlich auf Fett und Eiweiß gestützten Kost (Atkins lässt grüßen)? Wie verhindert man bei geschwächten Patienten einen weiteren Gewichtsabfall durch diese Art von Diät? Und außerdem wüsste man gerne, ob hinter den zitierten Unternehmen wirklich Sponsoren der Gesellschaft stehen. Was auch immer hinter den „Lebensmitteln, die bei bestimmten Krebsformen eine spezielle Ernährungsweise gewährleisten“ stecken mag: Es ist mit aller gebotenen Vorsicht zu genießen! Wohl bekomms!