„Magen-Darm – die unterschätzte Mitte. Experten erklären, wie wichtig die Organe Magen und Darm für ein glückliches und gesundes Leben sind.“ Das verspricht der Titel einer Sonderbeilage in der WELT vom vergangenen Samstag. Auf den folgenden 19 Seiten gewinnt der Leser den Eindruck, dass ein glückliches und gesundes Leben nicht in erster Linie davon abhängt, wie man Magen und Darm durch gutes Essen und Trinken vor Schaden bewahrt, sondern eher davon, wo und wie man sich den kaputten Verdauungstrakt operieren lässt. „Viele kennen Magen-Darm-Beschwerden, doch gegen die meisten kann man etwas tun.“ verkündet Prof. Dr. Riemann, Vorsitzender der Gastro-Liga im Vorwort, und dann erfährt man, was sich alles tun lässt: Man kann sich einen künstlichen Darmausgang legen lassen („Es ist eine ganz neue Lebensqualität“), man kann sich operativ einen Schlauchmagen legen lassen („Vom Kugelbauch zur Traumfigur“. Ganz wichtig: Man kann danach größere Mahlzeitenmengen zu sich nehmen als nach der alternativen Magenbandoperation!). Man kann sich auch einen Magenballon legen lassen („Der Ballon schenkte mir ein neues Leben“) oder sich schlimmstenfalls seinen Darmkrebs minimalinvasiv entfernen lassen. Umrahmt sind die redaktionellen Beiträge der PR-Veröffentlichung ( „ein unabhängiges Produkt von Mediaplanet“ – Wer ist Mediaplanet? Siehe hier.) von großformatigen Anzeigen, in denen vor allem Darm-, Reflux- und Adipositaszentren ihre Vorzüge und technischen Fähigkeiten anpreisen.
Mühleib meint: Beeindruckend, was Medizin und Technik auch hinsichtlich der Sanierung des Verdauungstraktes leisten. Es ist oft lebensrettend, dass man das alles kann (Darmkrebs) . Trotzdem: Prävention, vorbeugende Ernährung und schonende Ernährungstherapie spielen in der Postille nur eine untergeordnete Rolle. Kein Wunder: So funktioniert unser ganzes Gesundheitswesen. ‚Reparieren statt vorbeugen’ lautet die Devise. Das Kind wird erst gerettet, wenn es in den Brunnen gefallen ist. Und alle wundern sich, dass das besonders teuer ist.
Im Web ist nur eine frühere Ausgabe von ‘Magen-Darm’ aus dem vergangenen Jahr verfügbar, in der es stärker um Vorsorge (allerdings eher durch Tests als durch Ernährung) geht. Vorsorge lässt sich offensichtlich weniger gut verkaufen: Das Blatt enthält wesentlich weniger Anzeigen als die aktuelle Ausgabe.