Fast könnte man gerührt und begeistert gleichzeitig sein. LIDL übernimmt Verantwortung für bewusste Ernährung und Bewegung – als Partner von ‘Jugend trainiert für Olympia’. Das erfahre ich aus eine ganzseitigen Anzeige des Discounters in meiner Sonntagszeitung. Dort erklärt mir das Unternehmen Sonntag für Sonntag seit einer gefühlten Ewigkeit, was LIDL alles an Gutem tut. Schon hat sich klammheimlich in meiner Vorstellung das Gefühl eingenistet, dass LIDL doch eigentlich der nachhaltigste, fairste, ökologischste und verantwortungsvollste Lebensmittelhändler Deutschlands ist.
Heute also erzählt mir der nette Händler: “ Wir liefern mit LIDL Lebensmitteln Frische und Power für die Champions von morgen.“ Nachdem mir LIDL noch am vergangenen Sonntag berichtet hat, wie es tatkräftig gegen den Diabetes kämpft, bin ich nun ganz angetan von diesem heldenhaften Einsatz für die bewusste Ernährung – und sei es nur für die Champions von morgen. Ich hätte da aber noch ein paar Fragen – zum Beispiel: Was heißt denn bei LIDL bewusste Ernährung? Ist diese Ernährung vegetarisch, flexitarisch, Low-Carb oder was sonst? Was karrt LIDL an Lebensmitteln zu den Jungsportlern hin? Beschränkt sich die Verantwortung auf die Lieferung? Was heißt liefern? Gegen Bezahlung oder als Spende? Wie wird hier Frische definiert? Gehören zu den Lebensmitteln für die Power auch Fertigprodukte dazu und zudem vielleicht Gummibärchen, Ritter-Sport – Schokolade und die Riegel, die verlorene Energie sofort zurückbringen? Oder beschränkt sich das Ganze auf die Versorgung der Kinder und Jugendlichen mit Obst an den Wettkampftagen sowie mit Infomaterial zum Thema “Gesunde Ernährung”?
Wenn das so wäre, reicht das nicht. Das verantwortungsvolle Heranschaffen von Nahrung dürfte für LIDL eine lösbare Aufgabe sein. Wieweit wird darüber hinaus Verantwortung übernommen? Bewusste Ernährung und Bewegung brauchen Expertise und Beratung – vor allem im Leistungssport und bei Jugendlichen und Kindern. Trägt LIDL z.B. auch durch Förderung einer qualifizierten Ernährungsberatung für die Nachwuchstalente dazu bei? Ohne die kann man das mit der leistungsfördernden Ernährung gerade bei jungen Sportlern vergessen ( …Auskunft darüber, wie schwierig das ist, erteilt u.a. die Arbeitsgemeinschaft Ernährungsberatung an den Olympiastützpunkten) Was kostet mehr Geld: Alle gespendeten Lebensmittel für die jungen Athleten zusammen oder die Anzeigenkampagne mit dem Ziel, Verbrauchern die Geschichte von den Gutmenschen von LIDL zu erzählen? LIDL lohnt sich – so steht es in großen Lettern über der Anzeige. Vor allem natürlich für Herrn Schwarz. Gerne würde ich den LIDL-Leuten an dieser Stelle die Möglichkeit für einen Gastbeitrag zu der Frage geben, inwieweit es sich auch für die jungen Sportler lohnt (..über die kostenlose Verpflegung hinaus) und was Verantwortung und bewusste Ernährung in diesem Zusammenhang bedeuten.
Ach, und die schönen Sportschuhe, die mir LIDL ganz unten auf der Seite noch für unschlagbare 24,99 € anbietet, die würde ich gerne kaufen. Am liebsten die Blauen. Aber erst, wenn mir die LIDLs noch sagen, wo und unter welchen Bedingungen die hergestellt wurden und ob die etwa von einem Partner stammen, der vielleicht irgendwo auf der Welt Kinderarbeit statt Sport fördert. Für diese Erklärung wäre übrigens noch ausreichend Platz auf der Seite gewesen.
Klasse Artikel! Der große LIDL ist nun gefragt, wie so oft.
Ich hatte auch mal eine ähnlich herausfordernde Frage gestellt. Dazu mit einem Rezept mit einem wirklich guten aber irgendwie auch “Fraglichen” LIDL Produkt veröffentlicht. LIDL hat mich damals in 2014 (“Bollywood Campagne”) zwar für den Artikel bezahlt, aber nie auf den Artikel geantwortet.
https://freihaendigkochen.de/lidl-vitasia-aktion/
Nun dürfen wir hier an dieser Stelle gespannt sein 😉
kulinarische Grüße
Stephan
Hallo Stephan, das kennt man ja, dass solche Unternehmen das Aussitzen unbequemer Fragen perfekt beherrschen. Aber manchmal geschehen ja Zeichen und Wunder – warten wir’s ab. Falls keine Antwort kommt, muss ich halt ein bisschen weiterfragen. Die Anzeigen der jüngsten Vergangenheit bieten dafür treffliches Material. Einen guten Start in die Woche wünscht Friedhelm Mühleib
Lieber Herr Mühleib, wo Sie schon schön so wortreich diese LIDL – Kampagne zu Recht auf’s Korn nehmen, böte sich Ihnen mit der LIDL-Kampagne “GenOver” ein echter Aufmerksamkeits-Garant, weil hier neben falscher Risikowahrnehmung auch eine Brücke zur Verbrauchertäuschung gemäß Artikel 36 der Lebensmittelinformations-VO (Sie erinnern sich an den Beitrag zum Veggie- Schnitzel?) aufdrängt. Ich habe noch NIE einen Hinweis auf die zahlreichen Ausnahmen auf nur einer Milch- oder Eierpackung gelesen. Klarheit und Wahrheit? Weit gefehlt. Wer Produkte mit dem “ohne Gentechnik”-Siegel erwirbt, der erwartet NULL Gentechnik. Eine Utopie, wie Sie selber wissen!
Liebe Ina, vielen Dank für den Hinweis. Im Thema “GenOver” bin ich leider nicht firm. Aber Sie können mich ja vielleicht mit ein paar Links auf den Stand der Dinge bringen. Viele Grüße Friedhelm Mühleib