Carne-val ist im Ursprung lateinisch und bedeutet nichts anderes als ‚Fleisch – lebe wohl‘. Über Jahrhunderte hinweg war es das Motto der Christen zum Beginn der Fastenzeit. Vorzeiten war der Verzicht auf Fleisch zentrales Element des christliches Fastens. Ein Rest von diesem Gedanken ruft an jedem Aschermittwoch die Fleisch-Gegner auf den Plan. Pünktlich rufen Politiker, NGOs und Vegetarier wieder einmal zum Fleischverzicht auf. Nutzen wird es auch dieses Mal gar nichts.
Alle Appelle, Proteste, Veggie-Day Projekte, Warnungen vor Klima- und Umweltschäden, moralische Anklagen der Anti-Fleisch-Front über die Jahre hinweg – vergeblich! Bewirkt haben sie wenig. Auch wenn das traurig ist: die realistische Beurteilung der Fakten lässt keine andere Schlussfolgerung zu. Um welche Fakten geht es? Eine Grafik im neuen Fleischatlas zeigt: Der Fleischverzehr in Deutschland ist in den vergangenen fünf Jahre gleich geblieben. Wenn die Autoren den ‚Rückgang‘ um etwa 1 Prozent als erfreuliche Entwicklung bezeichnen, ist das ein Hohn. Ein Satz aus Verlegenheit, dem Umstand geschuldet, dass die Realität nicht den Wünschen entspricht (.. was wohl auch der Grund dafür ist, dass die Grafik im Bericht fast ‚versteckt‘ ist. Man möchte wohl gar nicht, dass der Leser sie genauer betrachtet). 1 Prozent in 5 Jahren liegt etwa im langjährigen Mittel – 30 Jahre haben die Deutschen gebraucht, um ihren Fleischverzehr um 10% zu reduzieren, von damals 66 auf nunmehr 60 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Da wird einem ja schwindlig! Wenn das in solch rasendem Tempo weitergeht, werden die Deutschen nur noch 150 Jahre brauchen, um ihren Fleischverzehr um die Hälfte zu reduzieren.
Der aktuelle Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung stellt wiederum repräsentativ fest: Nur 3 Prozent der Befragten verzichten auf Fleisch; jeder zweite Mann isst es täglich. Von wegen acht bis zehn Millionen Vegetarier und Veganer. Die 3 Prozent entsprechen gerade mal 2,4 Millionen Menschen – also viel weniger, als in den Medien oft behauptet. Vergangene Woche meldeten die Newsticker: „Deutsche Fleischproduktion erreicht Rekord“. Das ist zwar vor allem dem steigenden Export zu verdanken – aber auch der Tatsache, dass der Verzehr nicht sinkt. Die Lebensmittelzeitung der vergangenen Woche meldet, dass die deutsche Fleischproduktion im laufenden Jahr auf das höchste Niveau aller Zeiten steigen wird. Von wegen Megatrend Vegetarismus und Fleischverzicht!
Gestern dann same procedure as every year: Zum Aschermittwoch appellierten Umweltschützer sowie Politiker von SPD und Grünen an die Deutschen, ihren übermäßigen Fleischkonsum auf die Hälfte zu drosseln. Die Sprecherin der Grünen für Tierschutz und Verbraucherpolitik, Nicole Maisch, sagte, die Exzesse der Massentierhaltung und Dumpingpreise müssten ein Ende haben. „Ein Kilo Hackfleisch für 3,40 Euro ist pervers.“ Die Preise für Fleischprodukte müssten die soziale und ökologische Wirklichkeit widerspiegeln. Die Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Christina Jantz, plädierte für einen „Mix aus gesetzlichen Maßnahmen“: Die Haltungsbedingungen der Tiere sollten verbessert, der Wandel der Landwirtschaft unterstützt werden. Umweltschützer fordern seit längerem, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu streichen und Fleisch mit 19 Prozent statt 7 Prozent zu besteuern.
Den Grünen zumindest dürfte der Veggie-Day noch in den Knochen sitzen: Wer den Deutschen das Fleisch verbietet, provoziert den Zorn der Wähler. Trotz allem Getösen bleibt nur das Fazit: Kein Abschied vom Fleisch in Sicht!
Wirklich erschreckend. Da will man für die nächsten Tage erstmal kein Fleisch kaufen gehen.
Ich denke man sollte nicht allzu sehr auf den Preis achten und sich direkt zum guten Metzger bewegen, statt Tiefgekühltes aus dem nächsten Supermarkt zu kaufen.
P.S.: Danke für den tollen Bericht! Weiter so.
Hey Muehleib
Ich muss ihnen da vollkommen Recht geben. Bewusste Ernährung ist das Schlagwort.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in den nächsten Jahrzehnt einen Gigantischen umschwung hinkriegen bezüglich unserer Lebensweise und wie wir den Planeten Vernachlässigen
Ich weiß ganz genau das wir FLEISCH nicht benötigen.
Meines Erachtens nach machen wir das nur zum Vergnügen.
Es soll ruhig steigen mit den Fleisch preisen damit man wie bei Zigaretten gegen den Konsum vorgeht. Unsere Landwirtschaft ist auch Reich an anderen Produkten außer Fleisch.
Hallo Herr Muehleib, was ist denn an der Entwicklung so schrecklich? Während der Fleischverzehr in Deutschland um 1 % gesunken ist, sind die Pflanzeimporte im selben Zeitraum um rd. 28 % gestiegen. Die Zahl ist vermutlich deswegen “so verschähmt” im sog. “Fleischatlas” abgedruckt, weil es die Autoren generell nicht so genau mit den Fakten nehmen? https://www.keckl.de/texte/Zum%20Fleischatlas%202016.pdf
Hallo, sehr interessanter Beitrag und es ist wirklich erschreckend, zu welch niedrigen Preisen Fleisch zu haben ist und dass es vielen nur darum geht, hauptsache wenig zu bezahlen.
Wir sollten wirklich mal in andere Länder sehen. In Deutschland essen wir alles nur weik es billig ist und wundern uns dann, dass es uns nicht gut geht.
Ich kann mir ein Leben ohne Fleisch nicht vorstellen, aber die Qualität in Deutschland lässt leider oft zu wünschen übrig. Danke für den tollen Bericht!
Hallo Herr Mühleib,
wieder mal vortrefflich auf den Punkt gebracht! Danke! Auch auf der Biofach habe ich das Gefühl bekommen, dass nur noch vegane (oder mindestens vegetarische) Produkte das Rennen machen. Wer kauft die alle, wenn man sich die tatsächlichen Zahlen zum Fleichverzehr anschaut??
Lieber Friedel,
schade in dem Zusammenhang finde ich, dass das Thema Fasten nach Karneval ja insgesamt so “in” ist. Aber anstatt traditionell auf Fleisch zu verzichten, treibt die Frage “was fasten” immer wildere Blüten. Ich finde ja, Plastiktüten-, Auto- oder Smartphone-Fasten sind auch super Ideen; wer sich aber schlicht sieben Wochen mal daran versuchen würde, an Fleisch und Wurst zu sparen oder gar ganz darauf zu verzichten, würde vielleicht den entscheidenen Kick finden, sich auch dauerhaft umzustellen oder zumindest etwas zu mäßigen. Bei uns ist es in diesem Jahr die Tochter, die ganz klassisch bis Ostern Fleisch und Wurst von ihrem Plan gestrichen hat – seit Längerem schon bringt sie das ganze “Getöse” zum Nachdenken. Warum das nicht mehr Menschen so geht, kann ich eigentlich nicht wirklich nachvollziehen.
Liebe Grüße
Gabi
Du sprichst mir aus der Seele, liebe Gabi. Vielen Dank für den Kommentar!