Zu viel Zucker im Müsli, das stößt sogar Prof. Helmut Erbersdobler sauer auf. Der frühere Leiter des Institutes für Humanernährung und Lebensmittelkunde der Uni Kiel ist nicht nur Herausgeber der Fachzeitschrift „Ernährungs Umschau“, sondern – wie er im Editorial der aktuellen Ausgabe bekundet – auch Liebhaber von Müslis. Allerdings: Industrielle Fertigmischungen mag er nicht – er mischt sich sein Müsli lieber selber – mit Zutaten aus seinem hauseigenen Trockensortiment und Früchten – ohne Zusatz von Zucker! Stattdessen nimmt er „als Streicheleinheit einen Teelöffel selbstgemachte Konfitüre“ und konstatiert: „Die Herstellung geht sehr schnell, aber am besten schmeckt die Mischung, wenn sie etwa eine halbe Stunde quellen kann.“
Dann beklagt er mit Bezug auf die Ergebnisse der Studie der Hohenheimer Ernährungswissenschaftlerinnen über den „Zuckergehalt deutscher Frühstückszerealien für Kinder“ im selben Heft: Fast alle Fertigprodukte „enthalten viel, meist zu viel Zucker, entweder direkt zugesetzt oder über zuckerreiche Zutaten wie die relativ preiswerten Rosinen oder diverse trockene oder gefriergetrocknete andere Früchte. Welch ein Aufwand!“ Seiner Meinung nach sind vor allem „die Mittelwerte für Zucker v. a. in den Frühstückszerealien für Kinder erschreckend hoch. Das ist schade, denn man kann Zucker leicht zufügen, wenn man es süßer haben will, aber ein zu süßes Produkt nur schlecht weniger süß machen – allenfalls bei gemischten Produkten durch (natürlich unsinniges) Absieben.“
Als Ausweg empfiehlt er das Selbstmischen – da geht er schließlich mit gutem Beispiel voran: „Probieren Sie das Selbstmischen mal aus, es ist einfacher als man denkt und man kann stets die Früchte der Saison (und Region) nach eigenem Gusto dazu mischen und genießen.“ Es ist schon bemerkenswert, wenn sogar einem Professor, der als Vertreter einer konservativ-kritischen Geisteshaltung bekannt ist, der hohe Zuckergehalt in den Kindermüslis sauer aufstößt. Weil er sich offensichtlich vorSchuldzuweisungen an die Industrie scheut, sieht er die Lösung in der Selbsthilfe der Verbraucher: Selber mischen ohne Zucker als Alternative. Das ist sicher nicht falsch, aber vielleicht doch zu wenig. Eine deutschland- und europaweite Festlegung von Höchstwerten für den Zuckergehalt von Frühstückszerealien für Kinder, wie sie die Autorinnen der Studie erwägen, wäre dagegen eine klarer Schritt zu mehr Verbraucherschutz – in diesem Fall zum Schutz der Kinder.
“Lassen sich Lösungen für das Problem Übergewicht durch (neue) generalisierende Lösungen (z.B. LOGI) lösen, oder müssen wir hin zur personalisierten Ernährung im Sinne einer personalisierten Medizin – damit auch ‘Erberdsdobler-Typen’ erfasst werden, deren Gewicht offensichtlich durch zu viel Fett in die Höhe geht?”
Nein, bitte, keine wissenschaftliche Diskussion hier zu diesem Thema. 🙂 Wobei Brötchen ja keinesfalls nur aus Fett bestehen! 😉
Natürlich sind individuelle Lösungen sinnvoll und viele Wege könnten zum Ziel führen.
Nebenbei gesagt, ist LOGI auch nicht als generelle Empfehlung gedacht, sondern hat eine primäre Zielgruppe: Menschen mit Insulinresistenz (ob übergewichtig oder nicht) und Folgestörungen.
Schließlich noch ein Tipp für die Schnittchen-Tagungsverpflegungen: Bei der sehr hohen Energie- und gleichzeitig niedrigen Nährstoffdichte von Brötchen, könnte man mal bei so einer Sitzung auf die Idee kommen, die stärkereiche Unterlage einfach auf dem Teller liegen zu lassen und sich auf die geräucherte Forelle, den Lachs, den Schinken, den Frischkäse oder Emmenthaler mit Gürkchen, Salatblättchen und Tomätchen zu beschränken. Das gäbe zwar fettige Finger und vielleicht auch ein wenig Kleckerei und bestimmt ein paar befremdete Blicke, aber damit würde eine ernährungsphysiologisch günstig eingeschätzte niedrigere Energie- und gleichzeitig höhere Nährstoffdichte zustande kommen und es würde darüber hinaus auch zu niedrigeren Insulinausschüttungen in Folge der bei Millionen Deutschen durch Bewegungsmangel und Übergewicht bedingten Insulinresistenz kommen und die Fettverbrennung würde sogar beim ewigen Sitzen auf den Sitzungen weitergehen.
Aber das ist ja nur mein private und politisch völlig unkorrekte Meinung… 🙂
Herr Worm, Sie können ja richtig witzig sein! Wenn wir jetzt auf Facebook wären, würde
mir das spontan gefallen!ich das spontan “liken”!Ich stimme Herrn Worm zu, wir können das hier nicht wissenschaftlich auskarten. Ich habe übrigens nichts von fetten Schnittchen oder Fett geschrieben. Den Erbersdobler-Typ gibt es somit eher nicht. Die Energiedichte ist es schon eher und der verführerische gute Geschmack lässt einen häufiger zugreifen als man sollte.
Die Bemerkung der ‘konservativ-kritischen Geisteshaltung’ nehme ich als Kompliment an. Den leisen Vorwurf, ich hätte aus Scheu vor Schuldzuweisungen an die Industrie keine Grenzwerte gefordert, weise ich zurück. Das war nicht die Intention des Editorials, sondern oblag dem Artikel von S. Germer et al. im selben Heft der Ernährungs-Umschau, auf den ich hinwies. Außerdem hatte ich erwähnt, dass die meisten Mischungen bei der Ampel-Kennzeichnung einen roten Punkt für den hohen Zuckergehalt bekommen würden. Auf die unhaltbar hohen Zuckergehalte u.a. auch in Fertigmüslis hatte ich früher als viele andere in vielen Vorträgen (auch vor der Industrie) über die Nährwertprofile hingewiesen (die Daten in meinem jetzigen PC gehen zurück bis 2006, ich kann sie gerne vorlegen).
Meine Bemerkung haben Sie richtig verstanden – nämlich als Kompliment. Entsprechend schätze ich Ihre Editorials in der Ernährungs Umschau sehr. Ein Wissenschaftler, wenn auch ein emeritierter, der sich zu einer politischen Meinung traut! Davon bräuchten wir mehr, vor allem auch unter den Jüngeren, von denen man manchmal denken könnte, dass sie völlig hinter ihren Rechnern oder wo immer sonst verschwinden. Umso nachdenklicher stimmt es, wenn sich die Hersteller beharrlich über Mahner (wie Sie), Angreifer (wie Foodwatch) und öffentliche Meinung hinwegsetzten. Das kann einen (wie mich) mit der Zeit schon ärgerlich bis wütend machen. Da hilft dann wohl doch nur Verhältnisprävention: Der Staat, der den Riegel vorschiebt.
Na ja, ich wollte nur mal daran erinnern, dass die kalorische Beurteilung von Nahrungsmitteln oder Mahlzeiten abgekoppelt von Hunger, Appetit und Sättigung keinen Sinn macht. Entscheidend ist nicht, ob ich 100 kcal “mager” in einer Mahlzeit einspare sondern die Energiebilanz am Ende des Tages. Und da kann ein fettreicher Joghurt durchaus hilfreich sein, da er die meisten wohl mehr und länger satt hält und besser befriedigt, so dass sich die entscheidende Frage stellt: wann und was werde ich in der nächsten Mahlzeit und wieviel davon essen. Es ist ja kein Zufall, dass mit Abnahme der Fettanteile in der Kost während der letzten 40 Jahre in Deutschland (wie in fast allen Industrieländern) nicht weniger sondern MEHR Kalorien aufgenommen wurden, und das über einen Mehrkonsum von Zucker und Stärke. Das kann man übrigens in der DGE-Kohlenhydratleitlinie schön sehen. Und gleichzeitig sind die Menschen überall nicht schlanker, sondern immer fetter geworden. Das gilt übrigens – ganz subjektiv beobachtet – nicht nur diesen und sondern auch für andere Ex-DGE-Präsidenten… 🙂
Ich berechne(te) nie den Energiegehalt in meinem Müsli aber es hält mich satt bis zum Mittagessen.
Seit ich das Müsli esse habe ich nicht zu-, eher leicht abgenommen (hat vermutlich andere Gründe). Was mir bezüglich meines Gewichts immer Probleme machte und manchmal noch macht, waren die vielen dick belegten ‘Schnittchen’ auf den zahlreichen Sitzungen und Tagungen.
Das läuft nun ein bisschen auf den Lagerkampf “weniger Kohlenhydrate” (Worm-LOGI) versus “Weniger Fett” (DGE – Erbersdoblers fette Schnittchen, die das Gewicht treiben) hinaus. Ich frage mich: Lassen sich Lösungen für das Problem Übergewicht durch (neue) generalisierende Lösungen (z.B. LOGI) lösen, oder müssen wir hin zur personalisierten Ernährung im Sinne einer personalisierten Medizin – damit auch ‘Erberdsdobler-Typen’ erfasst werden, deren Gewicht offensichtlich durch zu viel Fett in die Höhe geht 🙂 ?
Ja, und damit die Kalorien dieser Mahlzeit nicht zu hoch werden, isst er das ganze mit “Magerjoghurt” – womit die Stärke besonders schnell in den Dünndarm rutscht und alsbald gespalten und zusammen mit der Glukose und Frukose aus der Konfitüre den Blutzucker besonders schnell ansteigen lässt um dann mit einer besonders starken Insulinausschüttung den ganzen Zucker möglichst effektiv aus dem Blut in die Gewebe zu schleusen und mit dem rasch absinkenden Blutzuckerspiegel wieder schneller Appetit und Hunger auf die nächste stärke- und zuckerreiche Magerspeise zu bekommen… Sorry – aber seinen tapferen “Magerjoghurt” musste ich doch mal kommentieren. 🙂
Grüße,
Nicolai Worm
Kein Grund zur Entschuldigung – höchst interessant! Da ich manchmal ein bisschen langsam bin, beschäftigt mich momentan noch der Versuch, Ihren Gedankengang – der zweifellos auf den ersten Blick sehr logisch erscheint – nachzuvollziehen. Melde mich dann, wenn’s mir gelungen ist. Kann aber noch ein bischen dauern 🙂 . Was meinen die anderen Experten dazu, die den Tellerrand gelegentlich besuchen??
PS: Der Magerjoghurt müsste Ihnen als Low-Carb Fan doch höchst willkommen sein? Besser 50g Joghurt als zusätzliche 20g Zucker – oder? Die kommen doch in Herrn Erbersdoblers Müsli erst gar nicht rein – und das muss man doch loben! Und ein kleines bisschen süß darf und muss schon sein!
Und ein kleiner Beitrag aus der Praxis:
Es muss ja nicht jeden Tag gemischt werden. In einem großen Glas lassen sich Getreideflocken, Nüsse und /oder Samen und Trockenfrüchte bereits gut mischen. Gut verschlossen hält sich diese Mischung dann auch. Ich mag es ebenfalls leicht gequollen und wem das morgens zu viel “Arbeit” ist, der mischt hlt schon am Abend vorher und fügt dann frisches Obst nach Saison dazu.