Wer viel reist, sieht viel. Ich sehe, dass Deutschland zu den Ländern gehört, in denen Hygiene besonders groß geschrieben wird. Ironie des Schicksals, dass sich die EHEC-Variante O 104 offensichtlich gerade Deutschland als Geburtsland ausgesucht hat. Das deutsche System der Lebensmittelüberwachung gehört nicht nur auf dem Papier zu den sichersten der Welt. Es wird von den zuständigen Behörden sogar buchstabengetreu umgesetzt. Das müssten auch die wissen, die uns jetzt den Bakterien-Krieg erklären. Spanien und Russland gebärden sich, als plane Deutschland einen biologischen Vernichtungskrieg mit einer neuen Biowaffe. Werden in Geheimlabors in Peenemünde neuerdings vielleicht doch EHEC-Bakterien anstatt V 2 – Waffen produziert?
Der Hintergrund der Verbalattacken spanischer Politiker ist ziemlich offensichtlich. Nur wer laut genug poltert, bekommt am Ende viel Geld. Die Russen dürfte wohl eher die Sorge vor dem Chaos treiben: Keime kennen keine Reisebeschränkung. Was, wenn eine Epidemie in in Millionenstädten wie Nischni Nowgorod oder Swerdlowsk ausbrechen würde? Das russische Gesundheitssystem dürfte dann ganz schnell vor einem Kollaps stehen. Um das zu verhindern, machen weder verbales Säbelrasseln noch Importverbote wirklich Sinn. Gefragt wäre eher eine konstruktive internationale Zusammenarbeit – wie sie übrigens in der Wissenschaft schon funktioniert. Deutsche und chinesische Wissenschaftler haben gemeinsam das Genom des Erregers in Rekordzeit analysiert und damit den Weg für therapeutische Ansätze geöffnet! Das ist eine Leistung der Wissenschaftler und dabei speziell der internationalen Zusammenarbeit, die man gar nicht genug bewundern kann. Ungeduldige Machbarkeitsfanatiker (“Wir fordern die Problemlösung – sofort!”) sollten sich besinnen: Wie lange hat es gedauert, bis Ursachen von Plagen der Menschheit wie Pest und Pocken erst einmal erkannt waren? Bei EHEC waren es nur Tage. Auch wenn es jetzt noch Wochen und Monate dauern sollte, bis wirksam geholfen werden kann, wäre das ein ungeheuer großer Erfolg.